WIRTSCHAFTSSPIEGEL Thüringen – Ausgabe 5/2022

Das Wirtschaftsmagazin für Thüringen www.wirtschaftsspiegel-thueringen.com Nr. 05.2022 ı 18. Jg. ı 78363 ı 7,70 EUR © BGStock72 - stock.adobe.com Forschung & Innovation Thüringen ganz vorn dabei Nachhaltigkeit Thüringen als Vorreiter Region im Profil Thüringer Bogen attraktiv für Investitionen Made in Thüringen Weil wir es können.

Bereit für Neues LBBW – entdecken Sie, was eine Bank für Ihr nachhaltiges Business tun kann: www.LBBW.de/ihrbusiness Wenn für den Wandel Köpfe und nicht Schornsteine rauchen lassen Ihr Business ist, dann ist für den Wandel Köpfe und nicht Schornsteine rauchen lassen auch unser Business. LBBW Region Ost: Ihre Bank für Unternehmen in Chemnitz, Dresden, Erfurt, Leipzig und Magdeburg.

Editorial 3 Foto: Sandro Jödicke_whitedesk THÜRINGEN 04 .... Regionale 05 .... Wirtschaftsnachrichten 06 .... Wenn die Gräben breiter 05 .... werden, müssen wir längere 05 .... Brücken bauen 08 .... Die eigentliche Bewährungs- 05 .... probe kommt noch 34 .... Netzwerke in Thüringen 59 .... Beeindruckende 05 .... Eventerlebnisse 60 .... 30 Jahre Lotto Thüringen 65 .... Thüringer Köpfe 66 .... Termine NACHHALTIGKEIT 10 .... Erfurter Kreuz treibt 05 .... Dekarbonisierung voran 12 .... Großes Potenzial für Agri-PV 14 .... Wärmewende in der 05 .... Wohnungswirtschaft 16 .... Grüner Wasserstoff für 05 .... Industrie, Wärme & Mobilität 18 .... Förderung für Energie- 05 .... speicherforschung 36 .... Berufliche Perspektiven in der 05 .... Wohnungswirtschaft FORSCHUNG & INNOVATION 20 .... Seit 170 Jahren traditionell 05 .... Weltspitze 22 .... Leidenschaft für Elektronik 05 .... und Nachhaltigkeit 26 .... Vom Traditionsbetrieb zum 05 .... „Hidden Champion“ 28 .... Nachhaltige Wasserforschung 30 .... Paradies für Tech-Start-ups 31 .... 25 Jahre NT.AG 32 .... Licht eine andere Farbe geben REGION IM PROFIL: THÜRINGER BOGEN 39 .... Wir haben den Bogen raus 40 .... Freiraum für wirtschaftliche 05 .... Stärke 42 .... Wissen schafft Fortschritt 43 .... Attraktiver Branchenmix in 05 .... zentraler Lage 44 .... Arnstadt ist eine Entdeckung 45 .... Erfolgreich durch Innovation 46 .... Größtes Teppichlager 05 .... Thüringens 48 .... Dynamisch und innovativ 05 .... in die Zukunft 49 .... Metallische Beschichtungen 51 .... Unscheinbarer Global Player LUFT- UND RAUMFAHRT 53 .... Aus Thüringen ins Weltall 54 .... Sternstunden für Optik und 05 .... Photonik 56 .... Jenaer Sensor für Axiom Space Aus dem Inhalt Liebe Leserinnen und Leser, geehrte Gäste, dieser Tage ist Deutschland zu Gast in Thüringen. Mit der Präsidentschaft im Bundesrat sind wir Gastgeber der Feierlichkeiten zum Tag der Deutschen Einheit. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow will die Gelegenheit nutzen, um „mit Stolz zu zeigen, wer wir sind. Ein Land, dessen Menschen die Chancen der Wiedervereinigung ergriffen und mit Euphorie und Optimismus die Erfolgsgeschichte Thüringens geschrieben haben.“ Welche Erfolgsgeschichten Menschen in Thüringens Unternehmen schreiben, davon zeugt dieses Heft: Weltmarktführer, Hidden Champions und Start-ups laden Sie ein, sich ein Bild von ihrer Ingenieurskunst, ihrem Können zu machen. Einige darunter arbeiten an Spitzentechnologien, mit denen Missionen ins Weltall gelingen können. Preisgekrönte Innovationen, interdisziplinäre Kooperationen und wegweisende Forschungsprojekte erzählen vom technologischen Know-how, von der Leidenschaft für Qualität, aber auch vom unternehmerischen Mut ihrer Macher. Nicht nur aus Thüringen heraus entwickelt sich Herausragendes. Auch als Investitionsstandort hat der Freistaat an Attraktivität gewonnen. Gestartet mit der Ansiedlung des chinesischen Batterieherstellers CATL in Arnstadt, erleben wir als Standort weltweite Aufmerksamkeit und können, wie jüngst mit Garbe Industrial Real Estate in Jena und Eisenach, weitere Neuansiedlungen vermelden. Gleichwohl besteht kein Anlass, sich auszuruhen. Die Herausforderungen volatiler Märkte, der demographischen Entwicklung und der Dekarbonisierung sind erkannt und werden angegangen. Zügige Unterstützung braucht es dabei von der Politik, um die Rahmenbedingungen zu stabilisieren, zu verbessern. Bilanziell betrachtet, ist die Lage jedoch besser als mancherorts die Stimmung. Zurück zu Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wir laden Sie ein, einen bunten Streifzug durch das Industrie- und Mittelstandsland Thüringen zu unternehmen, eine Region der Wissenschaft und Forschung und ein wunderbarer Ort zum Leben und Arbeiten. Schön, dass Sie uns daran erinnern. Willkommen in Thüringen. Ihre Juliane Keith Weil wir es können.

Im Aufwind Das Unternehmen N3 Engine Overhaul Services steht vor seinem nächsten Entwicklungsschritt. Nach der Indienststellung der ersten Boeing 787 „Dreamliner“ bei der Lufthansa wird das Arnstädter Werk künftig auch die Motoren dieses Typs instand halten. In diesen Tagen soll N3 die dafür nötige Betriebsgenehmigung erteilt werden. Perspektivisch wird auch die Beschäftigtenzahl von aktuell etwa 700 bis auf etwa 1.000 ansteigen. (tl) Weniger Arbeitsstunden Nach Mitteilung des Thüringer Landesamtes für Statistik hat im Jahr 2020 eine erwerbstätige Person in Thüringen durchschnittlich 3,5 Prozent weniger Arbeitsstunden als im Vorjahr erbracht. Diese Entwicklung zeigte sich in nahezu allen kreisfreien Städten und Landkreisen in Thüringen. Bereits in den Jahren zuvor war eine stetige Abnahme der geleisteten Arbeitsstunden festzustellen. (tl) Investitionen gefordert Der Bauindustrieverband Hessen-Thüringen fordert mehr Investitionen der öffentlichen Hand in Bauprojekte. Wie Hauptgeschäftsführer Burkhard Siebert mitteilte, sollten Bund, Land und auch Kommunen neue Anreize schaffen und so den Markt beruhigen. Siebert geht davon aus, dass neben den weiter steigenden Kosten für Energie, Personal und Baumaterial auch die Gasumlage die Bauwirtschaft in Thüringen hart treffen werde. Kommunen würden schon jetzt geplante Bauprojekte überdenken und ausdünnen. (tl) Mehr Aufträge Im 1. Halbjahr 2022 vermeldeten die Thüringer Industriebetriebe preisbereinigt insgesamt 1,3 Prozent mehr Aufträge als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum. Nach Angaben des Thüringer Landesamtes für Statistik erhielten die Thüringer Betriebe bis Ende Juni 2022 durchschnittlich 0,8 Prozent mehr Bestellungen aus dem Ausland als im Jahr zuvor. Die Binnennachfrage stieg im gleichen Zeitraum um 1,7 Prozent. (tl) Mehr ausländische Azubis Zum Start des neuen Ausbildungsjahres haben in Ostthüringer Handwerksbetrieben mehr ausländische Auszubildende einen Lehrlingsvertrag unterschrieben. Wie die Handwerkskammer mitteilte, stieg die Zahl von zwölf im vergangenen Jahr auf aktuell 21. Sie stammen vor allem aus Vietnam, aber auch aus Syrien, Afghanistan, dem Tschad, Algerien, der Ukraine, Albanien, Russland und Ägypten. (tl) Kein Kunststoff mehr Die Altenburger Senf-Fabrik verabschiedet sich endgültig von Kunststoff-Verpackungen. Mit dem 30. Firmenjubiläum werden künftig sämtliche 500 Produkte in Glasbehälter gefüllt. Wie die Geschäftsführung mitteilte, werden damit mehr als zehn Tonnen Plastik im Jahr eingespart. Der Rohstoff Senfkörner wird jetzt im Altenburger Land angebaut. Vor Beginn des Ukrainekrieges wurden die Körner aus Russland importiert. Die Altenburger Senf-Fabrik füllt jeden Monat 200.000 Gläser Senf ab. (tl) Befürchtung Die Südthüringer Industrie- und Handelskammer fürchtet einen erheblichen Kaufkraftverlust bei den Menschen in Südthüringen. Grund seien die Preissteigerungen bei Gas und Strom sowie die Gasumlage ab Oktober. Zuerst würden das der Handel und die Gastronomie zu spüren bekommen. (tl) Schließung Der Automobilzulieferer Megatech Industries hat Ebersdorf im Saale-Orla-Kreis endgültig verlassen. Die Arbeitsverträge der 170 Mitarbeitenden endeten zum 31. Juli. Wie die Gemeinde mitteilte, wird nach einem neuen Unternehmen für das Gewerbegebiet gesucht. Megatech Industries war eine der ersten Ansiedlungen im Gewerbegebiet. Zuletzt hatte das Unternehmen Tür- Innenverkleidungen für den BMW X und andere Hersteller produziert. Lange Arbeitslosigkeit müssen die 170 Mitarbeitenden aber nicht befürchten. Die Arbeitslosenquote des Saale-Orla-Kreises an der bayrischen Grenze ist vergleichsweise niedrig. (tl) Aufschwung Thüringer Hotels und Gaststätten haben im ersten Halbjahr einen Aufschwung verzeichnet. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum stieg der Umsatz im Gastgewerbe um durchschnittlich 63 Prozent, wie das Landesamt für Statistik errechnete. Die Zahl der Beschäftigten stieg um zehn Prozent. Dennoch sei das Vor- Corona-Niveau aber noch lange nicht wieder erreicht, hieß es. Bundesweit lag das Umsatzplus sogar bei rund 100 Prozent. Vor allem Hotels, Gasthöfe und Pensionen konnten von Januar bis Juni gute Zahlen vermelden. (tl) Thüringen 4 Fotos: Artalis/fotolia, Alexander Raths - stock.adobe.com REGIONALE WIRTSCHAFTSNACHRICHTEN

Jetzt bewerben: goldbeck.de/karriere Seit 1994 für Sie in Thüringen vor Ort Bierabsatz konstant Der Bierabsatz in Thüringen ist im ersten Halbjahr in etwa konstant geblieben. Nach Angaben des Statistischen Landesamtes verkauften die hiesigen Brauereien und Bierlager bis Juni knapp 1,5 Millionen Hektoliter Bier. Der leichte Rückgang von etwa einem Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum sei allein auf den Auslandsabsatz zurückzuführen, hieß es. (tl) Neue Ausbildung In Sonneberg werden erstmals angehende Mechatroniker auch in der Wasserstofftechnologie ausgebildet. Das teilten die Staatliche Berufsschule und das HySon-Institut für Angewandte Wasserstofftechnologie mit. Zusammen mit der IHK Südtthüringen und Kyocera ist ein Lehrmodul zum Wasserstoff entwickelt worden. Zehn angehende Elektroniker, KFZ-Mechatroniker und Mechatroniker absolvieren diese Ausbildung. (tl) Auszeichnung Christian Reinke aus dem Langenwetzendorfer Ortsteil Naitschau ist mit dem Klein- und Jungunternehmerpreis des Landkreises Greiz ausgezeichnet worden. Er ist seit 15 Jahren Inhaber einer Bau- und Fliesenlegerfirma. Mit dem Preis werden familienfreundliche Unternehmensführung, spannende Praktika für den Nachwuchs und das Engagement Reinkes für den Ort gewürdigt. (tl) Marktstart in China Das Jenaer Unternehmen Oncgnostics GmbH ist erfolgreich in den chinesischen Markt gestartet. Ein Abklärungstest in der Gebärmutterhalskrebsvorsorge steht ab sofort Ärzten und Patientinnen im bevölkerungsreichsten Land der Erde zur Verfügung. Wichtige Voraussetzung für die Zulassung in China war eine großangelegte, mehrjährige Studie mit etwa 10.000 Teilnehmerinnen. (tl) Mehr Geld Die rund 120 Beschäftigen des Suhler Waffenherstellers Merkel und Haenel bekommen mehr Geld. Wie ein Sprecher der Gewerkschaft IG Metall mitteilte, ist zum September das Gehalt um weitere 2,5 Prozent erhöht werden. Damit habe sich das Gehalt seit einem Jahr um rund vier Prozent erhöht. Das entspricht laut Gewerkschaft 85 Euro brutto monatlich mehr für Facharbeitende in der Entgeltgruppe fünf. Zusätzlich erhielten die Beschäftigten zwei Einmalzahlungen von je 200 Euro. (tl) Personalabbau Der Autobauer Opel will die Zahl der Beschäftigten weiter reduzieren. So sollen bis zu 1.000 Mitarbeitende über ein Freiwilligenprogramm ausscheiden, etwa über Altersteilzeit, Vorruhestand oder mit Abfindungen, wie ein Sprecher des Mutterkonzerns Stellantis ankündigte. Im Gegenzug soll sich der Kündigungsschutz für die verbleibende Belegschaft bis Mitte 2027 verlängern. Die Pläne sind Teil einer Vereinbarung zur Zukunftssicherung, die bereits 2019 abgeschlossen wurde. (tl) Thüringen

Thüringen 6 Als Bodo Ramelow am 1. November 2021 sein Amt als Bundesratspräsident antrat, steckte das Land noch mitten in der Pandemie. Mittlerweile ist diese Krise vom Krieg in der Ukraine überlagert worden. Fragt man Bodo Ramelow nach einer vorläufigen Bilanz der Amtszeit, überrascht er mit einer spontanen Antwort: „Ich bin erstmal froh, dass ich überhaupt etwas tun konnte. Meine beiden Amtsvorgänger waren da viel schlechter dran. Es lief zwei Jahre lang ja fast nichts.“ Dann wird er konkreter. Es ginge ihm beim Motto der Ratspräsidentschaft um zweierlei: einerseits das Zusammenwachsen von Ost und West, aber andererseits genauso auch um „unsere Fähigkeit, gemeinsam als Bundesrepublik Deutschland in all ihren Regionen und Landesteilen nachhaltig Wachstum zu gestalten.“ Dabei hat er nicht zuletzt auch europäische und globale Aspekte im Blick. Auf seinen Reisen, die den Ministerpräsidenten während seiner Bundesratspräsidentschaft unter anderem nach Polen und Rumänien sowie in den Jahren zuvor nach Vietnam geführt haben, habe er viele Gespräche geführt, in denen es vor allem um Transformation ging. Dabei sei er gerade als Vertreter Thüringens ein gefragter Gesprächspartner gewesen, denn im Ausland werde Thüringen als Musterbeispiel für eine gelungene Transformation gesehen. Ramelow findet, wir seien nach wie vor konfrontiert mit einem merkwürdigen Auseinanderklaffen der Wahrnehmung der positiven aktuellen Lage Thüringens einerseits und dem Blick auf die vergangenen drei Jahrzehnte ostdeutscher Transformation andererseits. Heißt: Die Stimmung ist schlechter als die Lage. Und: „Wir können Transformation, das haben wir bewiesen. Andere können von unseren Erfahrungen profitieren“, plädiert er für mehr Thüringer Selbstbewusstsein. Perspektive wechseln, um andere zu verstehen Dies sei allerdings keine Einbahnstraße. Auch wir in Deutschland seien dazu angehalten, die Perspektive zu wechseln, von Nachbarländern zu lernen und gelegentlich mit deren Blick auf aktuelle Herausforderungen zu schauen, um diese zu verstehen. Die osteuropäischen Länder hätten beispielsweise viel eher das Gefahrenpotenzial erkannt, dass von Putin ausgehe. Als er auf dem Krakauer Flughafen die ukrainische Präsidentenmaschine gesehen habe, die dorthin in Sicherheit gebracht wurde, oder die Vielzahl an Flugabwehrgeschützen neben dem Rollfeld eines Flughafens in Rumänien, sei ihm vieles klarer geworden. „Wir hätten besser zuhören sollen“, sagt Ramelow. Man müsse die Ängste der Balten und Osteuropäer verstehen, auch wenn einem manche der politischen Akteure nicht gefielen. „Wir brauchen einen Weltfriedensrat“ Dieses ‚einander zuhören‘ sei eine wichtige Grundlage, wenn es darum geht, zusammen zu wachsen. Er selbst werde immer zuhören, wenn jemand reden wolle. Allerdings beobachte er auch beängstigende Tendenzen. Die Anti-Corona-Proteste hätten sich in weiten Teilen zu Pro-Putin-Kundgebungen gewandelt – oftmals mit den gleichen Akteuren und Initiatoren. Dabei schwinge immer auch Anti-Amerikanismus mit. Und dann beweist der Linken-Politiker, was er damit meint, einander zuzuhören und die Perspektive der anderen einzunehmen: Er könne durchaus nachvollziehen, wenn Kritiker darauf verweisen, welche Rolle der Westen und insbesondere die USA in anderen Konflikten gespielt hätten. Niemand dürfe sich als Weltpolizist aufspielen, sagt Ramelow, der mit den Demonstrationen gegen den Vietnamkrieg im Westen großgeworden ist. Deshalb plädiert er für eine grundsätzlich neue Ordnung in den internationalen Beziehungen. „Wir brauchen einen Weltfriedensrat“, sagt Ramelow und verweist auf die guten Erfahrungen, die die internationale Gemeinschaft mit der KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) gemacht habe. Ein solches Instrument müsse es auf allen Kontinenten geben, was dann in einen Weltfriedensrat münden könn- „Wenn die Gräben breiter werden, müssen wir längere Brücken bauen“ Ministerpräsident Bodo Ramelow und seine Bundesratspräsidentschaft Thüringen hat noch bis Ende Oktober die Bundesratspräsidentschaft inne. Damit ist Ministerpräsident Bodo Ramelow auch Präsident der Länderkammer. Ein Amt, dass eher repräsentativ denn politisch mächtig ist. Ein Bundesratspräsident wirkt durch die Kraft des Wortes, wird oft gesagt. Bodo Ramelow gehört zu den Politikern, deren Worte durchaus Kraft entfalten können. Ob diese Kraft aber auch die erhoffte Wirkung entfaltet hat, wollte WIRTSCHAFTSSPIEGEL-Chefredakteur Torsten Laudien im Gespräch mit dem doppelten Präsidenten erfahren. Immerhin lautet das Motto der Ratspräsidentschaft „Zusammen wachsen – Zusammenwachsen“.

Thüringen 7 te. Der UN-Sicherheitsrat sei in seiner aktuellen Form im Kern gescheitert. „Die derzeitigen Krisen zeigen wie unter einem Brennglas, was vorher schon falsch gelaufen ist“, so Ramelow. „Corona hat uns viel über unser Gesundheitswesen erzählt, und Putins Krieg in der Ukraine offenbart schonungslos die Schwächen, die bereits zuvor in der UN und auch der NATO existiert haben. Ein Beispiel sind die anmaßenden Forderungen der Türkei bei der Frage des NATO-Beitritts von Finnland und Schweden.“ Oder die Janusköpfigkeit der deutschen Energiepolitik, möchte man hinzufügen. Das Land voranbringen Von der Weltbühne zurück nach Thüringen. Hier kann der Ministerpräsident Bodo Ramelow ja vorführen, wie das funktioniert mit dem Zuhören und dem zusammen Wachsen. Hier führt er eine Minderheitsregierung und ist auf die Zusammenarbeit mit der CDU angewiesen. Die funktioniere sehr gut, anders als man es nach der veröffentlichten Meinung vermuten könne. „In allen wichtigen Fragen bin ich im Gespräch mit Professor Voigt (CDU-Landtagsfraktionschef – A.d.R.). Ob das der ‚Windfrieden‘ ist oder die Probleme der Glasindustrie – wir sind im ständigen Austausch.“ Wenn man das Land voranbringen – also zusammen wachsen – wolle, dann müsse man pragmatisch handeln und auch mal über den eigenen Schatten springen. Dennoch bemerkt der Ministerpräsident auch hierzulande besorgniserregende Tendenzen im öffentlichen Diskurs. „Wir müssen lernen, andere und ihre Meinungen auszuhalten.“ Das habe allerdings auch Grenzen. „Wenn jemand reden will, höre ich zu. Wenn jemand aber nur beleidigen und verunglimpfen will, dann ist für mich eine Grenze überschritten und jedes Gespräch wird verunmöglicht.“ Die reale Gefahr, dass das Auftreten einer kleinen, aber sehr lauten Minderheit dazu beitrage, Land und Gesellschaft weiter auseinanderdriften zu lassen, schmerze ihn. Er wolle lieber Brücken bauen, als Mauern, sagt er. Damit sieht Ramelow aber das Motto der Bundesratspräsidentschaft nicht als gescheitert an. Im Gegenteil: „Wenn die Gräben breiter werden, müssen wir längere Brücken bauen.“ (tl) Foto: Thomas Abé

Thüringen 8 Zu den Einheitsfeierlichkeiten rechnet der Freistaat Thüringen mit rund 120.000 Gästen aus ganz Deutschland. Sie werden drei Tage lang Gelegenheit finden, Thüringen näher kennenzulernen. Was werden sie hier sehen? Wie zeigt sich Thüringen im 32. Jahr der deutschen Einheit? Den WIRTSCHAFTSSPIEGEL interessiert natürlich vor allem der wirtschaftliche Aspekt. Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee zeichnet imWIRTSCHAFTSSPIEGEL-Interview ein aktuelles Bild der Thüringer Wirtschaft aus seiner Sicht, spricht über die Probleme im Zusammenhang mit den anstehenden Krisen und plädiert für den Freistaat als attraktiven Lebens- und Arbeitsort für aufstrebende junge Fach- und Führungskräfte. „Die eigentliche Bewährungsprobe kommt erst noch“ WIRTSCHAFTSSPIEGEL-Interview mit Thüringens Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee Herr Minister, Deutschland blickt zum Tag der Deutschen Einheit nach Thüringen. Wie findet es unseren Freistaat wirtschaftlich aufgestellt vor? Thüringen hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten hervorragend entwickelt. Das zeigen wichtige strukturelle Indikatoren wie beispielsweise die Zahl der Industriearbeitsplätze, die Erwerbstätigenquote, der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der Bruttowertschöpfung, eine niedrige Arbeitslosigkeit – in diesen und weiteren Bereichen schneidet Thüringen im Vergleich zu anderen Bundesländern überdurchschnittlich ab. Vor allem bei der Produktivität gab es in den letzten Jahren auch im gesamtdeutschen Vergleich große Fortschritte. Die größeren Thüringer Mittelständler sind inzwischen sogar produktiver als Unternehmen vergleichbarer Größe in Westdeutschland. Dasselbe gilt für die Innovationsfähigkeit: Von den Ausgaben für Forschung und Entwicklung, die die Wirtschaft selbst aufbringt, stammen in Thüringen gut 40 Prozent aus dem Mittelstand – bundesweit liegt dieser Wert bei lediglich acht Prozent. Die Thüringer KMU investieren also überproportional in neue Produkte und Technologien. Die Thüringer Wirtschaft ist also solide aufgestellt und hat deutlich an Robustheit und Krisenresistenz gewonnen. Nichtsdestotrotz sind die äußeren Rahmenbedingungen – Krieg in Europa, Energiekrise, Materialengpässe, Lieferkettenprobleme– für unsere Unternehmen derzeit besorgniserregend, darum muss man nicht herumreden. Im Moment haben wir zwar noch keine Anzeichen für größere Schwierigkeiten in der Breite der Wirtschaft, im Gegenteil: Die Auftragsbestände sind hoch, zuletzt sogar gestiegen, und auch die Entwicklung der Industrieumsätze im ersten Halbjahr war grundsätzlich positiv. Das heißt, die Unternehmen verkraften die Situation bisher noch ganz gut. Aber Sie wissen so gut wie ich, dass es im Moment sehr viele Unwägbarkeiten gibt und die Lage sich jederzeit dramatisch ändern kann. Gerade die Preisentwicklung bei Gas und Strom ist eine existentielle Herausforderung und macht vielen Betrieben das Leben sehr schwer. Hier braucht es schnelle Entscheidungen und Hilfspakete vom Bund. Daneben hinaus versuchen wir in Thüringen, an den drei großen Transformationsherausforderungen dieser Zeit zügig weiterzuarbeiten: Demographie, Digitalisierung und Dekarbonisierung. Gerade das dritte Thema hat in der momentanen Krise ja einen ungeahnten Bedeutungszuwachs erfahren. Ja, wir reden über ein Land, dass immer noch mit den Folgen der Pandemie kämpft, und sich nun mit den Folgen des Krieges in der Ukraine konfrontiert sieht. Das löst auch in der Wirtschaft Sorgen aus. Sie waren auf Ihrer Sommertour im Land unterwegs und haben dabei auch zahlreiche Unternehmen besucht. Beschreiben Sie uns bitte die Stimmung, die Sie dort erlebt haben. Die Stimmung ist angespannt, den Unternehmerinnen und Geschäftsführern unserer mittelständischen Betriebe stehen verständlicherweise tiefe Sorgenfalten auf der Stirn. Was die Unternehmen jetzt allerdings nicht brauchen, sind immer weitere Appelle zur Energieeinsparung. Das Thema Dekarbonisierung ist längst in der Wirtschaft angekommen. Neben dem Arbeitskräftemangel und Lieferengpässen stehen Fragen der Energiesicherheit und der exorbitant gestiegenen Energiepreise ganz oben auf der Agenda. Dabei muss man aber auch sehen: Die Möglichkeiten der Energieeinsparung in den Unternehmen sind begrenzt und weitgehend ausgeschöpft. Und die Umstellung der Produktion auf regenerative Energien erfolgt wegen der mangelnden Verfügbarkeit entsprechender Produkte und Installationskapazitäten nicht so schnell wie erhofft. Also dann konkret zum wichtigen Thema der Energiepreise. Sie beschreiben dies als existenzielle Herausforderung. Das ist nichts, was Thüringen aus eigener Kraft allein stemmen könnte. Welche Forderungen machen Sie an den Bund auf? Erstens: Es braucht eine massive Unterstützung gerade der mittelständischen Betriebe in Industrie und Handwerk, sonst wird spätestens im Winter eine Insolvenzwelle durch das Land rollen. Die derzeitige Fokussierung der Energiepolitik auf Privathaushalte und energieintensive Industrien greift zu kurz. Wir brauchen gerade für die kleinen und mittleren Betriebe finanzielle Hilfe im Mangelfall – und mittelfristig zur Umstellung ihrer Produktion. Zweitens: Wir brauchen schnellstmöglich eine Neuordnung des Strommarkts und insbesondere eine Entkopplung vom Gasmarkt, um das Überspringen der rasant steigenden Gaspreise auf die Stromkosten zu verhindern. Spekulative Preisspitzen, wie wir sie gerade erleben, müssen unterbunden werden. Drittens: Keine Denkverbote bei der Beantwortung der Frage, wie wir energiepolitisch durch die nächsten Monate kommen! Ein Herunterfahren von Kraftwerken, die laufen und zur Bewältigung der Energiekrise beitragen können, sollte in der momentanen Situation eigentlich ausgeschlossen sein. Und viertens: Wir sollten die Diskussion über einen euro-

Thüringen 9 Foto: Susann Nürnberger päischen Gaspreisdeckel führen, wie er in einigen Ländern bereits beschlossen worden ist. Aus meiner Sicht kann die Einführung einer solchen Preisbremse allerdings nur auf europäischer Ebene erfolgen. Als Sozialdemokrat wird bei Ihnen die Debatte um die Gaspreisumlage zwiespältige Gefühle ausgelöst haben. Einerseits müssen Sie die einheimische Wirtschaft im Blick haben, andererseits kann Ihnen die Lage der Privathaushalte nicht egal sein, zumal die Löhne im Freistaat immer noch nicht auf dem Niveau sind, auf dem man sie sich wünscht. Haben Sie dafür politische Lösungsvorschläge? Nicht so sehr die Umlage ist das Problem, sondern die Frage, wie sie umgesetzt wird und welche Entlastungen es auf der anderen Seite für einkommensschwächere Haushalte und für mittelständische Unternehmen gibt. Es war sicher nicht intendiert, dass sich profitable Gasversorger oder solche, die bereits im Vorfeld Milliardengewinne eingefahren haben, massiv an der Umlage bedienen sollten. Da gab es im Vorfeld handwerkliche Fehler, hier muss der Bund nachbessern. Bei den Entlastungen reden wir zum Beispiel über Direktzahlungen, Energiepreisdeckel, sicherlich auch steuerliche Erleichterungen. In jedem Fall plädiere ich dafür, in der Wirtschaft nicht den Mittelstand und unter den Privathaushalten nicht die Mittelschicht aus den Augen zu verlieren. Die gehören mit unter den Schutzschirm, denn das sind diejenigen, die die Räder am Laufen halten. Anderes Thema. Die Thüringer Wirtschaft ist traditionell eng mit Russland verbunden. Auch das stellt so manches Unternehmen vor Probleme. Was überwiegt derzeit: Forderungen nach Lockerungen der Sanktionen oder Einsicht in die Notwendigkeit? Und vor allem: Wie gehen die betroffenen Unternehmen damit um? Meine Gespräche führen zu einem differenzierten Blick: Die überwiegende Mehrheit spürt nahezu keine Nachteile. Einige, mit Russland besonders verwobene Unternehmen erleiden deutliche wirtschaftliche Einbrüche. Ich glaube, im Moment gibt es durchaus eine vergleichsweise breite Unterstützung dafür, die Aggression Russlands nicht einfach klag- und sanktionslos hinzunehmen. Aber die eigentliche Bewährungsprobe kommt erst noch, wenn es draußen kalt wird und die Energiezähler schneller laufen. Hier und da bröckelt die Unterstützung bereits schon, wie etwa der Offene Brief von Handwerkern aus Sachsen-Anhalt an den Bundeskanzler zeigt. Klar ist: Es hängt jetzt viel davon ab, wie die Politik die Rahmenbedingungen gestaltet, welche Maßnahmen und Hilfspakete zur Abfederung auf den Weg gebracht werden. Wenn sich die Betriebe hier mitgenommen und unterstützt fühlen, dann wird es aber überwiegend bei der Einsicht in die Notwendigkeit bleiben, davon bin ich überzeugt. Sie sind ein erfahrender Polit-Profi, der auch viel in der Welt herumgekommen ist. Glauben Sie, dass Russland in absehbarer Zeit wieder ein vollwertiges Mitglied der Völkergemeinschaft sein kann? Das ist eine schwierige Frage, deren Beantwortung vom Verhalten vieler Akteure, in erster Linie natürlich Russlands selbst abhängt. Ich bin der Auffassung, dass man grundsätzlich immer gesprächs- und kompromissbereit sein muss. Anders lassen sich festgefahrene Situationen doch gar nicht aufbrechen und irgendwie zum Positiven verändern. Also ja, ich bin optimistisch, dass Russland langfristig fundamentale Veränderungen in Politik und Gesellschaft vornimmt, die seine vollwertige Anerkennung in der Völkergemeinschaft ermöglicht. Zum Schluss noch eine persönliche Frage, Herr Minister. Wenn man es bei Lichte betrachtet, gehören Sie zu den Menschen, nach denen die Thüringer Wirtschaft gerade sucht – wenngleich Sie selbst sicher nicht als Blaupause dienen können. In Thüringen geboren, dann des Jobs wegen aus Thüringen weggegangen, jetzt wieder hier. Warum ist Thüringen für Sie ein Ort, der attraktiv für sogenannte High Professionals aus Deutschland und der Welt ist? Ehrlich gesagt, der Begriff ist mir zu speziell. Thüringen ist ein hochattraktiver Platz für Arbeits- und Fachkräfte aus allen Bereichen. Wer schnell Verantwortung übernehmen möchte, ist in Thüringen richtig, denn bei uns sind die Strukturen überschaubar, die Betriebe mittelständisch, da dauert der Weg in eine Führungsposition nicht Jahrzehnte. Die Firmen suchen händeringend, es lohnt sich, hinzuschauen und sich als Einsteiger jobmäßig nicht immer nur auf die Großkonzerne und geographisch auf ein paar vermeintlich hippe Großstädte zu fixieren. Wer gründen will, findet in Thüringen Unterstützung über alle Phasen eines Gründungsprozesses. Nicht umsonst schneidet der Freistaat in vielen Gründer-Rankings gut ab, zuletzt beispielsweise beim Deutschen Start-up-Monitor mit drei erfolgreichen Jungunternehmen. Und übrigens: Auch High-Professionals gründen Familien – in Thüringen ist das Umfeld dafür hervorragend, Kindergartenplätze sind verfügbar, Schulwege überschaubar. Hier lässt es sich gut leben, und das weiß gerade auch eine nachrückende, jüngere Generation von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu schätzen, für die eine ausgewogene Work-Life-Balance deutlich mehr zählt als für meine oder Ihre Generation. Interview: Torsten Laudien Frank Seiferth, Gründer und Geschäftsführer der Seitec GmbH, im Gespräch mit Wolfgang Tiefensee und Professor Wolfgang Maaß, Leiter Forschungsbereich Smart Engineering des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) (v.l.)

Rubrik 10 Foto: Thomas Abé Mehr als 20 Unternehmen der Initiative Erfurter Kreuz e.V. arbeiten in der Interessengemeinschaft CleanEFX (Sauberes Erfurter Kreuz) gemeinsam daran, das Gewerbegebiet am Erfurter Kreuz klimaneutral mit Energie und Prozesswärme zu versorgen. Bereits vor den derzeitigen geopolitischen Veränderungen, die die Energiepreise in schwindelerregende Höhen trieben, wurde die Projektidee in mehreren Workshops von Unternehmen und Forschungseinrichtungen initiiert. Unternehmen am Erfurter Kreuz treiben Dekarbonisierung voran Energie für die Wirtschaft: bezahlbar, sauber, regional Ziel ist es, die am Gewerbegebiet bestehenden Infrastrukturen zu bündeln, Prozessmedien in Sektorkopplung zu nutzen und Synergien untereinander und in der Region zu finden. Die regionale, nachhaltige Energielösung hat bereits weitere Unternehmen begeistert und namhafte Unterstützung in Wirtschaft und Politik gefunden. Ministerpräsident Bodo Ramelow und Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee informierten sich im Rahmen ihrer jeweiligen Sommertouren am letzten Freitag im August im Batterie-Innovations- und Technologie-Center BITC, einem Institutsteil des Fraunhofer-Instituts für Keramische Technologien und Systeme IKTS über den Projektansatz. Die Akteure der Unternehmen und Institute, die bereits an Lösungen auf Basis von Wasserstoff, Batterien, regenerativen Energiequellen und intelligenten Stoffstromprojekten arbeiten, präsentierten beiden Politikern ihre Ideen in einer Ausstellung. Ramelow lobte die Initiative als wegweisend und als Signal, das aus der Mitte Thüringens weit über die Landesgrenzen hinaus wahrgenommen werde. Tiefensee sprach von einem wirklichen „Friday for Future“, der zeige, dass sich Ökonomie und Ökologie nicht ausschließen. Vertragsunterzeichnung mit Dr. Toshiyuki Suda, IHI Charging Systems, (2.v.r) und Institutsleiter Professor Alexander Michaelis vom Fraunhofer IKTS (2.v.l.) im Beisein von Thüringens Ministerpräsident Ramelow (li.) und Wirtschaftsminister Tiefensee (re.)

Nachhaltigkeit 11 Foto: IEK www.ihi-csi.de www.ikts.fraunhofer.de Druck auf Unternehmen hat sich drastisch erhöht Die klimatische und geopolitische Lage hat den Druck auf die Unternehmen hinsichtlich ihrer Energieversorgung dramatisch erhöht. Bereits vor den Ereignissen im Februar 2022 mussten klimaneutrale und von den fossilen Energieträgern unabhängige Energielösungen gefunden werden. Seitdem hat sich die Lage auch wirtschaftlich verschärft, denn die Energiepreise sind im rasanten Anstieg. Gleichzeitig ist die CO2-Bepreisung der Prozesse und Vorprodukte auf dem Vormarsch. Bisherige Lösungen auf Basis Erneuerbarer Energien stellten oftmals nur Inselansätze dar, bei denen Unternehmen an eigenständigen Lösungen für ihren Standort arbeiten. Die CleanEFXInitiative verfolgt einen effizienteren Ansatz, bei dem Kapazitäten und Prozessmedien mehrfach in Sektorkopplung genutzt, Lastspitzen und Überschüsse untereinander verteilt werden und teure Infrastruktur gemeinsam ausgelegt und beschafft wird. Dabei wird insbesondere die Verbindung in die Region hergestellt, um eine bezahlbare, saubere und lokale Energielösung für die Anbieter und Verbraucher vor Ort zu erreichen. Die Technologien sind vorhanden Prof. Dr. Michael Stelter, stellvertretender Institutsleiter am Fraunhofer IKTS und Vorstand des Thüringer Erneuerbare Energien Netzwerk (ThEEN) e.V. , betont: „Die Technologien für eine klimaneutrale und sichere Energieversorgung aus regionalen Quellen sind im Grunde vorhanden, wurden aber in der Vergangenheit oftmals zu zaghaft eingesetzt oder waren regulatorisch ausgebremst. Mit CleanEFX zeigen wir, dass es geht, wenn man groß denkt, einen klaren Plan hat und alle Akteure an einem Strang ziehen. Wir demonstrieren nicht nur, dass große Industriestandorte klimaneutral versorgt werden können, sondern dass eine ganze Region von solchen gemeinsamen Ansätzen profitieren kann.“ Über die Energieversorgung hinaus böten die neuen Energietechnologien auch das Potenzial für neue Arbeitsplätze oder die Transformation bestehender Branchen in neue Geschäftsfelder. Das Fraunhofer IKTS unterstütze diese Veränderungsprozesse am Erfurter Kreuz mit seinem Wasserstoffzentrum WaTTh und seiner technologischen Vernetzung in die gesamte Region Mitteldeutschland. Auch das ThEEN könne hier mit Methodiken aus industriellen Demonstrationsprojekten zur Senkung der CO2-Emissionen in der Energieversorgung beitragen. Dr. Daniel Bader, Geschäftsführer der IHI Charging Systems International Germany GmbH, ist von Anfang an in der Interessengruppe aktiv und beschreibt: „Wir beschäftigen uns seit mehreren Jahren mit den Anforderungen der CO2Minimierung, sowohl bei unseren neuen Technologien als auch bei unseren Herstellprozessen. Wir haben am Standort bereits große Erfolge erzielt, unser Medienkonsum ist CO2-neutral.“ Für weitere Verbesserungen bis zur CO2Neutralität der Region brauche man aber die Synergien mit anderen Unternehmen und der Gesellschaft. Ab hier zählten Effizienz, Mehrfachnutzung von Medien und Kopplung von Unternehmen. „Allein kann niemand dieses Ziel erreichen. Deshalb spielen wir eine aktive Rolle bei der Umsetzung dieser Idee“, so Bader. Der Turboladerhersteller IHI verfolgt den Ansatz, analog wie in der Verbrennertechnologie, die Abgasenergie des Motors zu nutzen, um die Leistungsfähigkeit des Brennstoffzellenantrieb zu steigern und höhere Effizienzwerte zu ermöglichen. Im Rahmen des Informationsaustausches unterzeichneten die IHI Charging Systems mit Dr. Toshiyuki Suda und das Fraunhofer IKTS mit Institutsleiter Professor Alexander Michaelis, im Beisein von Ramelow und Tiefensee ein „Memorandum of Understanding“ zur Zusammenarbeit bei der Entwicklung und Industrialisierung von Wasserstofftechnologien am Erfurter Kreuz. (em/tl) www.initiative-erfurter-kreuz.de Die Interessengruppe am Erfurter Kreuz arbeitet bereits mehrere Jahre an diesem Projekt

Nachhaltigkeit 12 Foto: Soonthorn - stock.adobe.com Landwirtschaftliche Nutzflächen sollen im Freistaat Thüringen zukünftig gleichzeitig für Sonnenenergie und Nahrungsmittel-Produktion genutzt werden. Eine Studie der Fachhochschule Erfurt bescheinigt dem Land bei der sogenannten Agrar-Photovoltaik (Agri-PV) großes Potenzial. Immerhin sind 50 Prozent der Landesfläche Acker, dazu kommen rund 10 Prozent Grünland. Energiewende: Kartoffeln, Obst & Co. unter Strom Studie bescheinigt Thüringen großes Potenzial bei Agrar-Photovoltaik Die Agri-PV kombiniert Pflanzen- und Energieproduktion auf dem Feld. Mit ihrer Schutzwirkung vor starker Sonneneinstrahlung, Hitze, Frost, Hagel, Starkregen oder Sturm können die PV- Module in Zeiten der Klimakrise sogar für höhere Erträge sorgen, so die Wissenschaft. „Gerade ist Erntezeit und unsere Landwirte sind den ganzen Tag im Einsatz für unser Essen. Landwirte können auch zu Energiewirten werden. Mit unseren Vorschlägen zu Agri-PV geht es nicht um Energiewende ODER Landwirtschaft, sondern um Energiewende UND Landwirtschaft. Gerade die Hitze dieser Tage und die Klimakrise zeigen, dass wir gut beraten sind, gemeinsam mehr zu bewegen. Denn Feldfrüchte und Grünland unter Strom sind gut für unsere Energieversorgung und eröffnen der Landwirtschaft völlig neue Geschäftsfelder“, sagte Energieministerin Anja Siegesmund bei der Vorstellung der Studienergebnisse. Studienleiterin Prof. Kerstin Wydra ergänzte: „Der größte, produktionsbegrenzende Faktor in Thüringen ist bereits die Trockenheit, und diese wird in Zukunft noch bedeutender. Eventuelle Beeinträchtigungen durch eine etwa 30-prozentige Verschattung würden dann durch die positiven Effekte für Pflanzen und Boden kompensiert.“ Benötigt würde, wenn der PV-Ausbau nach Vorgaben aus dem Bund zu 50 Prozent auf Dach- und versiegelten Flächen erfolgte, bei einer 50:50 Aufteilung zwischen Freiflächenanlagen und Agri-PV, nur eine Fläche von ca. 7.000 Hektar für die Stromproduktion. „Landwirtinnen und Landwirte werden aber gerade zum Schutz der Kulturen und zur Wasserersparnis wohl einen größeren Bedarf anmelden.“ Statt Flächenkonkurrenz setzt die AgriPV auf die kombinierte Nutzung von Flächen. Die Autorinnen und Autoren

Nachhaltigkeit 13 https://tinyurl.com/3wyey9dj haben für Thüringen ein technisches Potenzial von 459 Gigawatt errechnet – das entspricht 700 Kilowatt pro Hektar. Zum Vergleich: Die drei verbliebenen deutschen Kernkraftwerke haben zusammen eine Bruttoleistung von rund 4,3 Gigawatt. Die Ergebnisse sieht das Energieministerium als guten Ausgangspunkt für Gespräche mit der Landwirtschaft und interessierten Betrieben. So sollen Partner für erste Pilotprojekte gefunden werden. Den Vorteilen stehen laut Studie gegenwärtig noch Hürden im Baurecht gegenüber. Eine Lösung wäre demnach, die Agri-PV in die Liste der „privilegierten Vorhaben“ aufzunehmen. Initiative im Bundesrat geplant Energieministerin Siegesmund sagt dazu: „Die Empfehlungen der Studie sind aus meiner Sicht durchaus nachvollziehbar. Das Baurecht sollte an dieser Stelle modernisiert werden. Wir brauchen beschleunigte Verfahren für Baugenehmigungen.“ Sie werde mit Landwirtschaftsministerin Susanna Kara- wanskij darüber sprechen, eine Thüringer Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Damit könnten die vielen Vorteile der AgriPV die Thüringer Energiewende einen großen Schritt nach vorn bringen. Die Autorinnen und Autoren der Studie betonen, dass angesichts der wetterbedingten Ertragsverluste der letzten Jahre und der zukünftig zu erwartenden Schäden nahezu alle Kulturen durch die Schutzwirkung vor Hagel, Starkregen, Frost, Trockenheit, Sturm, Hitze und Sonnenbrand ein Mehrwert entstehen würde. Die Gesamtproduktivität, also der Ertrag aus Landwirtschaft und Energieproduktion der agriphotovoltaisch genutzten Fläche, lässt sich nach wissenschaftlichen Untersuchungen generell um mindestens 60 bis 70 Prozent, in trockenen Jahren sogar um 90 Prozent steigern. Zusätzlich bieten APV-Anlagen auch Potential zur Steigerung der Biodiversität durch den Einsatz von Blühstreifen oder Hecken als Umrandung. Was die Studie empfiehlt Die Studie empfiehlt den Aufbau von klein- und großflächigen APV-Anlagen in Thüringen zu unterstützen, um die Realisierung des aufgezeigten hohen Potenzials von Agri-Photovoltaik umzusetzen. Das würde auch zu einer Verbesserung der Einkommen der Landwirtschaftsbetriebe und Kommunen beitragen und ebenso, je nach Betreiberkonstellation, einen günstigeren Stromtarif für die Einwohner in der Region ermöglichen. Eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Sonnenenergie vom Acker hatte die Bundesregierung bereits auf den Weg gebracht. Bei der Agri-Photovoltaik soll die Förderung der Landwirtschaft mit EU-Mitteln aus der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) weiterhin möglich sein, sofern die landwirtschaftliche Nutzung nur bis zu 15 Prozent durch die Stromerzeugung beeinträchtigt ist. Bislang drohte Landwirten der Verlust der GAP-Förderung, wenn sie zusätzlich für die Photovoltaik eine EEGFörderung in Anspruch nehmen wollten. Die Studie im Auftrag des Solar-Input e.V. entstand unter Leitung von Prof. Kerstin Wydra vom Lehrgebiet Pflanzenproduktion im Klimawandel an der Fachhochschule Erfurt. Das Thüringer Umweltministerium hat die Arbeit mit 20.000 Euro gefördert. (em/tl) Link zur Studie der Fachhochschule Erfurt:

Nachhaltigkeit 14 Foto: Kara - stock.adobe.com Das Thüringer Energieministerium und die Wohnungswirtschaft wollen ihre Zusammenarbeit weiter vertiefen. Dabei sollen insbesondere Mieterstromanlagen, die weitere serielle energetische Sanierung von Wohngebäuden und die Wärmeversorgung aus erneuerbaren Energien im Fokus stehen. Darauf verständigte sich Ministerin Anja Siegesmund mit Frank Emrich vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft (vtw). Wärmewende in der Thüringer Wohnungswirtschaft beschleunigen Die einseitige Fokussierung auf russisches Gas sei ein Fehler gewesen, der jetzt in einem großen Kraftakt korrigiert werden müsse. „Mit Solaranlagen, Wärmepumpen und viel mehr Innovation und Effizienz wollen wir die öffentlichen Wohnungen in Thüringen fit machen für bezahlbares Wohnen und mehr Klimaschutz“, sagte Energieministerin Siegesmund nach dem Treffen. Neben dezentralen Lösungen für Gebäudewärme biete insbesondere der hohe Anschlussgrad an Wärmenetze eine gute Ausgangslage für eine effiziente und günstige Wärmeversorgung, so die Ministerin. Nun müssten die Versorger viel schneller den Anteil erneuerbarer Wärme im Heizungsrohr erhöhen, so Siegesmund. „Den Zielkonflikt zwischen Klimaneutralität, extremen Kostensteigerungen und bezahlbarem guten Wohnen zu meistern erscheint gerade unmöglich“, ergänzte Frank Emrich vom Verband der Thüringer Wohnungswirtschaft (vtw). „Wir sind spät dran und es wird richtig teuer. Die Lösung kann es nur durch das Abrücken von Wunschstandards, gut koordinierte Ansätze vor Ort, das Quartier als Bezugspunkt und erhebliche staatliche Unterstützung geben." „Thüringer Wärmeoffensive“ – erste Modellprojekte laufen Mit der „Thüringer Wärmeoffensive“ haben Energieministerium und die Wohnungswirtschaft bereits Modellprojekte für die Wärmewende im öffentlichen Wohnungssektor gestartet. In Greiz und Stadtroda entstehen aktuell Mustervorhaben für das serielle Sanieren von DDR-Plattenbauten. Diese Konzepte lassen sich auf Tausende baugleiche Wohngebäude in ganz Thüringen übertragen. Um bis 2040 einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen, sind erhebliche Anstrengungen und Investitionen notwendig. Mit der Thüringer Wärmeenergie-Offensive unterstützt das Energieministerium des Landes Pilotvorhaben der Wärmewende auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand. Konkret wurde ein Forschungsvorhaben der Fachhochschule Erfurt finanziert. Die Lebenszykluskostenbetrachtung kommt zum Ergebnis, dass nachhaltige Bauweisen und ein hoher energetischer Standard im Vergleich zu konventioneller Bauweise wirtschaftlicher sind. Das Forschungsvorhaben ist unter anderem die Basis für die Planung eines neuen Wohnquartiers in Holzbauweise in Ilmenau. In einem weiteren Pilotvorhaben in Stadtroda wird derzeit mit einer Kombination aus baulichen und energietechnischen Maßnahmen erprobt, wie ein typischer DDR-Plattenbau bilanziell klimaneutral saniert werden kann. Die gewonnenen Erkenntnisse können auf alle baugleichen Gebäude in Thüringen und darüber hinaus übertragen werden. In Greiz wird die erste serielle Sanierung in Ostdeutschland gefördert. (em/tl) Thüringer Wärmeoffensive von Energieministerium und Wohnungswirtschaft Mieterstromanlage (Symbolbild)

Anzeige 15 Abitur, Studium und dann zu einem großen Konzern – das ist wohl ein recht beliebter Stereotyp für die Karriereplanung von Ingenieurstudenten. Eine ganz andere Laufbahn schlugen vor fast 20 Jahren die drei Jungingenieure Thomas Brand, Remo Reichel und Sebastian Bauer (im Bild, v.l.n.r.) ein. Lösungsanbieter aus Überzeugung solvimus GmbH Sie lernten sich beim Studium der Ingenieurinformatik an der TU Ilmenau kennen. Bei einem gemeinsamen Skatabend in der Bierstube der Mensa wurde ihnen Ende 2003 klar, dass der Wunsch, den alle drei in sich tragen, derselbe ist: sich mit einer eigenen Idee unabhängig machen, etwas aus eigener Kraft bewegen – sich selbstständig machen. Die Entwicklung intelligenter Elektroniksysteme wollten sie als Dienstleistung anbieten. Als waschechte Thüringer und Studenten der TU Ilmenau war für alle drei klar, dass Ilmenau der perfekte Standort für ihr Unternehmen ist. So gründeten sie im Jahr 2007 die solvimus GmbH. Der Firmenname „solvimus“ impliziert die Firmenphilosophie des Unternehmens. Dieser ist lateinisch und bedeutet „wir lösen“. solvimus versteht sich als Lösungsanbieter aus Überzeugung. Regional in Thüringen verwurzelt, unterstützt solvimus seine Kunden weltweit bei ihren Vorhaben. Der Slogan „metering solutions“ umreißt das Angebot: solvimus bietet kundenspezifische Lösungen für automatisierte Zählerdatenerfassung und ist Partner bei intelligenten Zählern, Auslese-Infrastrukturen, Datenaggregation und Datenübertragung im Bereich Smart Metering. Hier spielen die MUC Datenkonzentratoren eine entscheidende Rolle. Die Geräte haben einen minimalen Installationsaufwand und sind intuitiv bedienbar. Sie fragen selbstständig Daten von Sensoren und Zählern aller Verbrauchsmedien ab, werten diese aus und stellen die Daten bereit. Die solvimus GmbH entwickelt und vertreibt eigene Produktreihen, führt Schulungen durch und unterstützt seine Kunden mit Beratungen und Dienstleistungen vor Ort. solvimus GmbH Ratsteichstraße 5, 98693 Ilmenau www.solvimus.de Anzeige Das Kapital des Unternehmens sind hierbei die Mitarbeiter, intern liebevoll solvimusianer genannt. 24 Männer und Frauen aus der ganzen Welt arbeiten gemeinsam in Thüringen jeden Tag daran, internationale Kunden mit bestmöglicher Qualität zu beliefern. Dabei gehen sie mit Leidenschaft neue Wege und finden so gemeinsam mit den Auftraggebern individuelle Lösungen für Herausforderungen, an denen andere sich die Zähne ausbeißen. Dabei ist das ehemalige Start-Up am Thüringer Bogen auf solidem Wachstumskurs: Bis 2025 soll das Team auf 36 solvimusianer in den Bereichen Soft- und Hardware-Entwicklung, Fertigung, Vertrieb und Verwaltung anwachsen.

Nachhaltigkeit 16 Foto: malp - stock.adobe.com Das größte Wasserstoff-Projekt Thüringens nimmt weiter Gestalt an. „TH2ECO“ bringt ab 2025 klimaneutral produzierten Wasserstoff auf Windstrombasis aus Nordthüringen in den Raum Erfurt. Im Rahmen der Thüringer Energiegespräche traf Energiestaatssekretär Burkhard Vogel Mitte August mit Dieter Bochmann, Geschäftsführer der Ferngas Netzgesellschaft mbH, zusammen. Bei dem Gespräch ging es vor allem um Wasserstoff im sauberen Thüringer Energiemix, den möglichen Anschluss Thüringens an das deutsche Wasserstoffnetz sowie bessere Rahmenbedingungen für die Wasserstoffwirtschaft. Grüner Wasserstoff für Industrie, Wärme und Mobilität in Thüringen Größtes Wasserstoff-Projekt Thüringens nimmt Gestalt an Das Thüringer Landeskabinett hatte im Juni 2021 eine Wasserstoffstrategie beschlossen. Grüner Wasserstoff aus erneuerbarer Energie soll in den kommenden Jahren ein entscheidender Energieträger für die Klimaneutralität Thüringens werden. Voraussetzung dafür ist der konsequente Ausbau der erneuerbaren Energien. Investitionen in Forschungsstandorte sowie Musterprojekte sind die Kernelemente der Strategie. Wasserstoff sollte technologieoffen zum Einsatz kommen, aber insbesondere dort wo eine Dekarbonisierung durch andere Technologien nur schwer zu leisten ist. Für Thüringen wären dies beispielsweise Anwendungen in Hochtemperatur-Industrieprozessen (Glas- und Keramik-Industrie) und im Verkehrsbereich (Schwerlastfahrzeuge, Busse, Züge) bedeuten. Wasserstoff wird nach den Plänen der Landesregierung den Ausstieg aus fossilen Brennstoffen beschleunigen. Der damit verbundene Strukturwandel biete immense Chancen für Thüringens Unternehmen, vom Wachstumsmarkt Wasserstoff zu profitieren. Grüner Wasserstoff als tragende Säule im Energiemix „Grüner Wasserstoff ist eine tragende Säule für unseren sauberen Energiemix. Als Energiespeicher für Wind- und Sonnenstrom, in Industrie und Logistik kann Wasserstoff zum Standard-Energieträger werden. Diese Transformation unterstützen wir als Land Thüringen nach Kräften. Denn Wasserstoff aus der Region sorgt für Wertschöpfung und Arbeitsplätze in der Region“, sagte Energiestaatssekretär Burkhard Vogel. Die Ferngas Netzgesellschaft treibt ge-

THÜRINGER BECKEN THÜRINGEN Erfurt Mühlhausen Weimar Gotha Erfurt Mühlhausen Weimar Kirchheilingen Alach Schwerborn H2-Leitung Elektrolyseur PhotovoltaikAnlagen Porenspeicher 10 km GüterVerkehrsZentrum Schienenverkehr Heizkraftwerk Windpark Beimischung Beimischung Industriegebiet Erfurter Kreuz H2 +- H2 +- Elektrolyseur Schematische Darstellung: Leitungsverläufe und Anlagenstandorte können abweichen umgestellte H2-Leitungen H2-Neubauleitungen www.th2eco.de Nachhaltigkeit 17 +49 (0) 421 396 99 547 vertrieb@carddrive.de www.carddrive.de Ihr Partner für moderne Kartentankstellen Vorteile sichern mit der Tankkarte von tankpool24 &—2 &5(20!2+"%42%)"%2 5.$ ,+7ų&!(2%2 Höchste Sicherheit bei den Tankkartensystemen, umfangreiche Serviceleistungen, LKW-optimierte Tankstellen in autobahnnaher Lage u.v.m. TANKSTELLEN Mehr als 1.700 in Deutschland und Europa. Partner im Hier tanken Profis! HOCHWERTIGE PRODUKTE Wie LKW-Diesel und AdBlue® nach DIN sowie Zugang zu einem ständig wachsenden LNG-Tankstellennetz. Grafik: Th2ECO meinsam mit Partnern wie der TEAG und den Stadtwerken Erfurt „TH2ECO“ voran, um Wasserstoff aus der Region für die Region zu produzieren und zu Verbrauchern in der Region zu transportieren. Das Ziel: Die Wasserstoffwirtschaft in Thüringen vorantreiben, unabhängiger werden von fossilen und atomaren Energieträgern sowie den Klimaschutz stärken. So soll zukünftig die Fernwärme der Stadtwerke Erfurt in großen Teilen auf grünem Wasserstoff basieren, 86.000 Menschen mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden. „Ab 2025 soll der erste Wasserstoff durch die regionalen Leitungen fließen, dafür bauen und investieren wir schon jetzt. Darüber hinaus planen wir ab 2027 die erste Anbindung für Thüringen an die deutschlandweite Wasserstoffinfrastruktur“, berichtete Dieter Bochmann, Geschäftsführer der Ferngas Netzgesellschaft. Erste H2-Tankstelle in Planung Eine Wasserstoff-Pipeline soll auch Thüringens erste H2-Tankstelle für Lkw im Erfurter Güterverkehrszentrum GVZ bedienen. Das Thüringer Energieministerium hat Machbarkeitsstudie und Projektmanagement mit rund 360.000 Euro gefördert. (em/tl)

RkJQdWJsaXNoZXIy NDE3NTI=