WIRTSCHAFTSSPIEGEL Thüringen – Ausgabe 5/2022

Forschung & Innovation 33 Foto: FSU Jena Licht seine Farbe nicht“, ergänzt Falk Eilenberger. „Außer, viel Licht tritt in Wechselwirkung mit besonderen Materialien, etwa bestimmten Kristallen“. Doch jene seien schwer zu handhaben. Für das Jenaer Team sind 2D-Materialien die bessere Alternative. „Im konkreten Fall haben wir mit einem sehr alten Material experimentiert, mit Molybdän-Disulfat“, berichtet Quyet Ngo. Dies werde schon lange als Schmiermittel in Motorölen verwendet. In Jena wurde ein Weg gefunden, diesem Material eine neue HightechAufgabe zu übertragen: Licht zu verändern. Hightech-Material wachsen lassen Dafür mussten die Forschenden allerdings auch die Lichtleitfasern modifizieren. Dabei griffen sie auf besonders geformte Fasern zurück, die vom Team um Prof. Dr. Markus Schmidt am Jenaer IPHT und Prof. Dr. Heike HeidepriemEbendorff an der Universität Adelaide entwickelt wurden. „Diese Fasern sind wie ein hohles „C“ geformt, wodurch das Licht nicht mittig, sondern mehr an der Oberfläche geführt wird“, erklärt Ngo. Das erleichtere die Reaktion der Lichtteilchen mit dem 2D-Material. Jenes wird in der Jenaer Versuchsanordnung übrigens nicht separat erzeugt und in einem komplizierten Verfahren auf die Glasfaser aufgebracht, sondern wächst direkt in deren Vertiefung–wie in einer Petrischale. Der Reaktor, in dem das bei etwa 700 Grad Celsius passiert, steht im Institut für Physikalische Chemie der Jenaer Universität. „Hier konnten wir auf die Forschungsergebnisse von Prof. Dr. Andrey Turchanin zurückgreifen, der die Technologie entwickelt hat, mit der die neuartigen 2D-Materialien effektiv und großflächig gezüchtet werden können“, sagt Falk Eilenberger. „Erst durch die Kombination der speziellen Fasern aus dem IPHT mit dem 2D-Material aus dem Institut für Physikalische Chemie und den technischen Lösungen aus der Arbeitsgruppe vom Kollegen Eilenberger war letztlich das jetzt vorliegende Ergebnis möglich“, ergänzt Andrey Turchanin. Außerdem habe man sich auf Forschungsergebnisse der Universitäten in Sydney und Adelaide stützen können. Insgesamt hätten 15 Personen aus sechs Institutionen an dem Thema zusammengearbeitet. „In den Glasfasern, die eine hauchdünne Schicht Molybdän-Disulfat tragen, ist es uns gelungen, infrarotes Licht in rotes Licht umzuwandeln. Wir schicken das Licht mit einer Wellenlänge von 1240 Nanometern durch die Faser und es kommt am Ende mit 620 Nanometern heraus“, erklärt Ngo. Damit sind die Jenaer Forschenden die ersten weltweit, denen es gelungen ist, optische Fasern dergestalt zu funktionalisieren, dass sie in Zukunft beispielsweise als nichtlineare Lichtkonverter nutzbar sein können. Neues Verfahren soll auch Lasertechnik neue Chancen eröffnen Licht derart verändern zu können, eröffne beispielsweise in der Lasertechnik neue Möglichkeiten – gerade in Jena, wo Laser ein großes Thema seien, ist Falk Eilenberger überzeugt. „Ich denke, unsere Technologie wird hier im Werkzeugkasten der optischen Fasern noch vielfältig Anwendung finden.“ Die Vorteile lägen auf der Hand: Die Technologie funktioniere bei Raumtemperatur, das Material sei chemisch robust, gut zu verarbeiten und biete interessante Eigenschaften. Denkbar sei, es in mehreren Schichten auf den Fasern wachsen zu lassen oder es weiter zu modifizieren, um mehr Interaktionen mit dem Licht zu erreichen. Quyet Ngo, der die aktuellen Forschungsergebnisse in seiner Doktorarbeit ausführlich beschreiben wird, will künftig die Nutzung des neuen Materials in der Sensortechnik ausloten. Und was die anfangs erwähnte Problematik der Energiefresser-Chips angeht, sind Eilenberger und Ngo optimistisch: „Was auf Glas wächst, wächst auch auf Silicium“. Dass demnächst Photonen statt Elektronen zum digitalen Datentransfer eingesetzt werden können, ist für sie keine Utopie. (em/tl)

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